Gesellschaft, Staat & Politik

Cultur ist nur ein dünnes Apfelhäutchen über einem glühenden Chaos.
Friedrich Nietzsche (10, 9[48]), Nachlass: Fragmente Mai-Juni 1883

Im letzten Grunde ist der Krieg heute ein Sich-gegenseitig-die-Kultur-Ausprügeln.
Max Dauthendey (3, 405), Brief an seine Frau Annie: 28. März 1916

Der Erste, welcher ein Stück Landes umzäunte, sich in den Sinn kommen ließ zu sagen: dieses ist mein, und einfältige Leute antraf, die es ihm glaubten, der war der wahre Stifter der bürgerlichen Gesellschaft.
Jean-Jacques Rousseau

Die physischen Geißeln und Drangsale der menschlichen Natur haben die Gesellschaft notwendig gemacht. Die Gesellschaft hat die Leiden der Natur noch gesteigert. Die Nachteile der Gesellschaft haben die Regierung notwendig gemacht, und die Regierung steigert noch die Leiden der Gesellschaft. Das ist die Geschichte der menschlichen Natur.
Nicolas-Sébastien Roch Chamfort (1, 360), Maximen und Gedanken

Der Mensch haßt von Natur aus notwendig den anderen Menschen und ist folglich [...] für die Gesellschaft ungeeignet. Und da die Natur niemals bezwungen werden kann, sehen wir deshalb, daß kein Staat, kein Herrschaftssystem und keine Regierungsform, keine Gesetzgebung und keine Ordnung, kein Mittel der Moral, der Politik oder Philosophie, keine Überzeugung, keine Gewalt [...] jemals bewirken konnten oder bewirken werden, daß die Gesellschaft sich wunschgemäß entwickelt und daß die wechselseitigen Beziehungen unter den Menschen nach den Regeln dessen vonstatten gehen, was man soziale Rechte und Pflichten des Menschen nennt.
Giacomo Leopardi (3, 141), Das Massaker der Illusionen

Die meisten, welche über den Staat geschrieben haben, setzen voraus oder verlangen wenigstens von uns zu glauben, daß der Mensch von Natur ein zur Gesellschaft geeignetes Wesen sei, also das, was die Griechen zôon politikon nennen. Auf dieser Grundlage errichten sie ihre Lehre von der bürgerlichen Gesellschaft, als ob zur Erhaltung des Friedens und zur Regierung des menschlichen Geschlechts nichts weiter nötig wäre, als daß die Menschen sich einigten, gewisse Verträge und Bedingungen festzusetzen, die sie selbst dann Gesetze nennen. Dieses Axiom ist jedoch trotz der weitverbreiteten Geltung sicherlich falsch; es ist ein Irrtum, der aus einer allzu oberflächlichen Betrachtung der menschlichen Natur herrührt. Denn untersucht man genauer die Gründe, warum die Menschen zusammenkommen und sich gegenseitig an ihrer Gesellschaft erfreuen, so findet man leicht, daß dies nur zufälligerweise, aber nicht naturnotwendig geschieht. Denn wenn die Menschen einander von Natur, nämlich bloß, weil sie Menschen sind, liebten, wäre es unerklärlich, weshalb nicht jeder einen jeden in gleicher Weise liebte, da sie ja alle in gleicher Weise Menschen sind; oder weshalb der Mensch lieber die Gesellschaft derer aufsucht, die ihm mehr als den übrigen Ehre und Vorteil erweisen. Der Mensch sucht von Natur keine Gesellschaft um der Gesellschaft willen, sondern um von ihr Ehre und Vorteil zu erlangen; dies begehrt er zuerst, das andere aber nur an zweiter Stelle.
Thomas Hobbes (1, 79f), Grundzüge der Philosophie: Dritter Teil - Lehre vom Menschen und Bürger

Die Schwäche des Menschen macht ihn gesellig; die Leiden, die uns allen gemeinsam sind, ziehen uns zum Menschengeschlechte hin. Wir würden demselben nichts schulden, wenn wir nicht Menschen wären. Jede Anhänglichkeit ist ein Zeichen der eigenen Unzulänglichkeit. Bedürfte niemand der anderen, so würde auch niemand daran denken, sich ihnen anzuschließen.
Jean-Jaques Rousseau (2, Bd. 2: 24), Emil oder Über die Erziehung

Wären die Menschen schon das, was sie sein sollten und werden können - so würde alle Regierungsformen einerlei sein - die Menschheit würde überall einerlei regiert, überall nach den ursprünglichen Gesetzen der Menschheit.
Novalis (3, 72), Politische Aphorismen

Wären daher die Menschen von Natur so angewöhnt, dass sie nur das wahrhaft Vernünftige verlangten, so brauchte die Gesellschaft keine Gesetze, sondern es genügte die Unterweisung der Menschen in den moralischen Lehren, um freiwillig und von selbst das wahrhaft Nützliche zu thun. Allein die menschliche Natur ist ganz anders beschaffen; denn Alle suchen zwar ihren Vortheil, aber nicht nach Vorschrift der gesunden Vernunft, sondern sie begehren in der Regel nur die Dinge im Antrieb von Lüsten und Affekten der Seele, ohne Rücksicht auf die Zukunft und andere Dinge; und sie entscheiden sich danach über den Nutzen. Deshalb kann keine Gesellschaft ohne oberste Gewalt und Macht und folglich nicht ohne Gesetze bestehen, welche die Begierden der Menschen und die zügellose Hast mässigen und hemmen.
Baruch de Spinoza (1, 80), Theologisch-politische Abhandlung

Ungezählte Gesellschaftsformen sind unter den Menschen aufgekommen, aus den verschiedensten Ursachen, unter den verschiedensten Umständen. Alle waren sie schlecht; und alle, die heute bestehen, sind es ebenso sehr. [...] Ich verstehe unter einer vollkommenen Gesellschaft nichts weiter als eine Form von Gesellschaft, in welcher die Einzelwesen, die sie bilden, gerade dank der Gesellschaft einander nicht schaden oder es nur aus Zufall und nicht aus Notwendigkeit tun; eine Gesellschaft, in der die Einzelnen nicht unabläßig und unvermeidlich bestrebt sind, einander Böses zu tun.
Giacomo Leopardi (1, 485), Das Gedankenbuch

Die Gesellschaft, das, was man die Welt nennt, ist nur der Kampf tausend kleiner entgegengesetzter Interessen, ein ewiges Ringen sicher kreuzender, einander störender, abwecheselnd verletzter und gedemütigter Eitelkeiten, [...]. Einsam leben, nicht zerrieben werden in diesen jammervollen Zusammenstößen, in denen man einen Augenblick die Blicke der Welt auf sich zieht, um im nächsten unterzugehen, das nennt man nichts sein, keine Existenz haben. Arme Menschheit!
Nicolas-Sébastien Roch Chamfort (1, 386), Maximen und Gedanken

Der Staat, dieses Meisterstück des sich selbst verstehenden, vernünftigen, aufsummierten Egoismus aller, hat den Schutz der Rechte eines jeden in die Hände einer Gewalt gegeben, welche, der Macht jedes einzelnen unendlich überlegen, ihn zwingt, die Rechte alle andern zu achten. Da kann der grenzenlose Egoismus fast aller, die Bosheit vieler, die Grausamkeit mancher sich nicht hervortun: der Zwang hat alle gebändigt.
Arthur Schopenhauer (4, Bd. III: 725), Kleinere Schriften

Wie verhält sich dagegen der Mensch ursprünglich gegen den Menschen selbst? Sollte wohl zwischen ihnen im rohen Naturzustande dasselbe Verhältnis stattfinden, welches zwischen dem Menschen und der Natur ist? Sollten sie wohl darauf ausgehen, sich selbst untereinander zu unterjochen, oder, wenn sie sich dazu nicht Kraft genug zutrauen, einander gegenseitig fliehen? Und doch finden wir, daß die Menschen sich miteinander vertragen, daß sie sich gegenseitig unterstützen, daß sie in gesellschaftlicher Verbindung mit einander stehen. Der Grund dieser Erscheinung muß wohl in dem Menschen selbst liegen: in dem ursprünglichen Wesen desselben muß sich ein Prinzip aufzeigen lassen, welches ihn bestimmt, sich gegen seinesgleichen anders zu betragen, als gegen die Natur.
Johann Gottlieb Fichte, Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der Sprache

>>Finde eine Form des Zusammenschlusses, die mit ihrer ganzen gemeinsamen Kraft die Person und das Vermögen jedes einzelnen Mitgliedes verteidigt und schützt und durch die doch jeder, indem er sich mit allen vereinigt, nur sich selbst gehorcht und genauso frei bleibt wie zuvor.<< Das ist das grundlegende Problem, dessen Lösung der Gesellschaftsvertrag darstellt.
Jean-Jacques Rousseau (1, 17), Gesellschaftsvertrag

Es ist also [...] das Gemeinwesen die Sache des Volkes, ein Volk aber nicht jede Ansammlung von Menschen, sondern die Ansammlung einer Menge, die in Anerkennung des Rechtes und der Gemeinsamkeit des Nutzens vereinigt ist.
Cicero (1, 131), Vom Gemeinwesen

Laßt das heuchlerische Gerede von den Massen. Die Massen sind roh, stumpf und ungehobelt, verderblich in ihren Forderungen und ihrem Einfluß und sollen nicht umschmeichelt, sondern erzogen werden. Ich wünsche ihnen gar keine Zugeständnisse zu machen, sondern sie zu zähmen, zu drillen, zu zerteilen, in Stücke zu brechen und aus ihnen Individuen herauszuziehen. Weg mit dem Hurra der Massen! Wir wollen das schwerwiegende Wort einzelner Menschen hören, die Stimme ihrer Ehre und ihres Gewissens.
Ralph Waldo Emerson, Considerations by the way

Denn da von Natur aus dies den Lebenwesen gemeinsam ist, daß sie den Zeugungstrieb haben, so beruht die erste Gesellschaftsbildung in der Ehe selbst, die nächste in den Kindern, sodann kommt die Gemeinschaft eines Hauses und die Gemeinschaftlichkeit allen Besitzes. [...] Diese Fortpflanzung und Nachkommenschaft ist die Keimzelle der Gemeinwesen, Blutsverbindung aber vereint die Menschen durch Wohlwollen und Liebe.
Cicero (2, 51), Vom pflichtgemäßen Handeln

Der Trieb, unser Geschlecht fortzupflanzen, hat noch eine Menge anderes Zeug fortgepflanzt.
Georg Christoph Lichtenberg (1, F: 1079), Schriften und Briefe

Eine Menschenmenge kann sich nur Staat nennen, wenn sie zur gemeinschaftlichen Verteidigung der Gesamtheit ihres Eigentums verbunden ist.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (2, 14), Begriff des Staates

Ist der Staat das, was er sein soll, das Auge der allgemeinen Vernunft, das Ohr und Herz der allgemeinen Billigkeit und Güte, so wird er jede dieser Stimmen hören und die Tätigkeit der Menschen nach ihren verschiedenen Neigungen, Empfindbarkeiten, Schwächen und Bedürfnissen aufwecken und ermuntern.
Johann Gottfried Herder (3, Bd. 1: 124), Briefe zur Beförderung der Humanität

Die Menschen werden ungleich geboren. Der große Segen der Gesellschaft besteht darin, diese Ungleichheit soweit wie möglich durch die Beschaffung von Sicherheit, des erforderlichen Eigentums, der Ausbildung und des Beistands für einen jeden zu mindern.
Joseph Joubert

Im Staat geht es wie in der Welt: Wer nicht schwimmen kann der ersäuft. Der Staat ist eine Anstalt zum Schutz nicht zur Versorgung. Helfen sollen die einzelnen. Was der Staat dem Verhungernden gibt, muß er dem Hungernden nehmen.
Franz Grillparzer (1, 3714), Sämtliche Werke

Der Staat, so, wie er heute ist, soll sich überhaupt nicht um uns kümmern. Er soll uns zufrieden lassen, seine Straßen beleuchten, die Gefängnisse reformieren und, wenn er ein übriges tun will, die Aborte der Deutschen Reichsbahn in einen menschlichen Zustand versetzen. Das sind seine Kulturaufgaben. Um den Rest kümmere er sich gar nicht. Es geht ja doch schief.
Kurt Tucholsky (3, 325), Republik wider Willen

Der einzig und allein gerechte und einzig und allein zu rechtfertigende Endzweck des Staates ist: das größte Glück der größten Zahl.
Jeremy Bentham

Im Ganzen genommen, liegt [...] die Welt im Argen: die Wilden fressen einander und die Zahmen betrügen einander und Das nennt man den Lauf der Welt. Was sind denn die Staaten, mit aller ihrer künstlichen, nach außen und nach innen gerichteten Maschinerie und ihren Gewaltmitteln Anderes, als Vorkehrungen, der grenzenlosen Ungerechtigkeit der Menschen Schranken zu setzen?
Arthur Schopenhauer (1, 714), Aphorismen zur Lebensweisheit

Der Staat, von schmählicher Geburt, für die meisten Wesen eine fortwährend fließende Quelle der Mühsal, in häufig wiederkommenden Perioden die fressende Fackel des Menschengeschlechts - und dennoch ein Klang, bei dem wir uns vergessen, ein Schlachtruf, der zu zahllosen wahrhaft heroischen Taten begeistert hat, vielleicht der höchste ehrwürdigste Gegenstand für die blinde und egoistische Masse, die auch nur in den ungeheuren Momenten des Staatslebens den befremdlichen Ausdruck von Größe auf ihrem Gesichte hat!
Friedrich Nietzsche (10, 10[1]), Nachlass: Fragmente Anfang 1871

In der Tat läßt sich die ganze Weisheit der Weltgeschichte in einem einzigen Satz zusammenfassen: Jeder Staat raubt, so viel er kann. Punktum. Mit Verdauungspausen und Ohnmachtsanfällen, welche man Frieden nennt.
Carl Spitteler

Die Weltgeschichte ist zu neun Zehnteilen Kriegs- und Eroberungsgeschichte. Wenn sie einst in demselben Maße Geschichte einer friedlichen Entwickelung geworden ist, dann mag der Mensch beginnen, von Nächstenliebe zu sprechen, eher aber nicht!
Karl May (1, -307-), Himmelsgedanken

Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, daß ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte.
Friedrich Hölderlin (1, 33), Hyperion oder der Eremit in Griechenland

Der Himmel hat uns die Erde verdorben.
Johann Gottfried Seume (1, 24), Apokryphen

Ein Staat ist vorhanden auch ohne mein Zutun: ich werde in ihm geboren, erzogen, auf ihn verpflichtet und muß ihm »huldigen«. Er nimmt mich auf in seine »Huld«, und ich lebe von seiner »Gnade«. So begründet das selbständige Bestehen des Staates meine Unselbständigkeit, seine »Naturwüchsigkeit«, sein Organismus, fordert, daß meine Natur nicht frei wachse, sondern für ihn zugeschnitten werde. Damit er naturwüchsig sich entfalten könne, legt er an mich die Schere der »Kultur«; er gibt mir eine ihm, nicht mir, angemessene Erziehung und Bildung, und lehrt mich z.B. die Gesetze respektieren, der Verletzung des Staatseigentums (d.h. Privateigentums) mich enthalten, eine Hoheit, göttliche und irdische, verehren usw., kurz, er lehrt mich - unsträflich sein, indem ich meine Eigenheit der »Heiligkeit« (heilig ist alles mögliche, z.B. Eigentum, Leben der andern usw.) »opfere«. Darin besteht die Art der Kultur und Bildung, welche mir der Staat zu geben vermag: er erzieht mich zu einem »brauchbaren Werkzeug«, einem »brauchbaren Gliede der Gesellschaft«.
Max Stirner (1, 219f), Der Einzige und sein Eigentum

Da man nicht erreichen kann, daß man gewaltsam der Gerechtigkeit gehorchen muß, hat man erreicht, daß es gerecht ist, der Gewalt zu gehorchen. Da man der Gerechtigkeit nicht Gewalt verleihen kann, hat man die Gewalt gerechtfertigt, damit Gerechtigkeit und Gewalt vereint sind und Frieden herrscht, der das höchste Gut ist.
Blaise Pascal (1, Pensèe 81), Gedanken

Das Recht an sich selbst ist machtlos: von Natur herrscht die Gewalt. Diese nun zum Rechte hinüberzuziehn, so daß mittelst der Gewalt das Recht herrsche, dies ist das Problem der Staatskunst - und wohl ist es ein schweres.
Arthur Schopenhauer (4, Bd. V: 295), Parerga und Paralipomena II

Der Mensch, der sich seiner Stellung zum Ganzen der Welt bewußt ist, begreift auch zugleich das Verhältnis, in welches er sich gerechter Weise zu seinen Mitmenschen stellen muß, um auch ihnen die Freiheit der Bewegung zu garantieren. Er begreift, daß Freiheit nur bestehen kann in vernünftiger Unfreiheit, daß nur die gehorsame Unterwerfung unter das Gesetz frei zu machen vermag. Diese Einsicht macht uns gerecht, tolerant, neidlos, friedliebend, sie erhebt uns so hoch über jene düsteren Zeiten, in denen schon eine Verschiedenheit der metaphysischen Überzeugung genügte, die wildesten und zerstörendsten Affekte zu entfesseln.
Kurd Laßwitz (1, II), Im Pyramidenhotel

Gesetze, Strafen, Dogmen, Lehren, Bildung, Ermahnungen, Drohungen, Versprechungen, Jenseits-Hoffnungen und -Befürchtungen, nichts hat genügt, nichts genügt, nichts wird jemals genügen, um den einzelnen Menschen in irgendeiner wie auch immer geordneten Gesellschaft dahin zu bringen - daß er [...] davon absteht, einen Vorteil, den er über andere hat, zu mißbrauchen [...], davon absteht, mehr als die anderen haben und sie übertrumpfen zu wollen, kurz, die ganze Gesellschaft so sehr wie möglich auf seinen Nutzen oder Genuß hinzulenken, was nicht ohne Schaden, nicht ohne Verdruß der Andern geschehen kann.
Giacomo Leopardi (1, 486), Das Gedankenbuch

Stellt man für ein Volk Regeln auf, so vermehrt man seine innere Kraft für das Gute wie für das Böse; man ermutigt es, wenn man so sagen darf, zu großen Verbrechen und großen Tugenden.
Denis Diderot (1, 100), Brief an Sophie Volland, 14./15. Oktober 1760

Eine Demokratie entsteht, denke ich, alsdann bekanntlich, wenn die Armen nach gewonnenem Siege einen Teil der anderen Partei ermorden, einen Teil verbannen und dann die Übriggebliebenen gleichen Anteil an der Staatsverwaltung und den Staatsämtern nehmen lassen [...].
Platon (2, 309), Der Staat

Nimmt man den Begriff in der ganzen Schärfe seiner Bedeutung, dann hat es niemals eine echte Demokratie gegeben, und es wird sie niemals geben. Es geht gegen die natürliche Ordnung, daß die Mehrzahl regiert und die Minderzahl regiert wird.
Jean-Jacques Rousseau (1, 72), Gesellschaftsvertrag

Das Individuum, als solches, steht seiner Natur nach unter dem Zufall. In der vollkommenen Demokratie steh ich unter sehr vielen, in repräsentativer Demokratie unter Wenigern, in der Monarchie unter Einem willkürlichen Schicksale.
Novalis (3, 69), Politische Aphorismen

Es gibt ein unfehlbares Rezept, eine Sache gerecht unter zwei Menschen aufzuteilen: Einer von ihnen darf die Portionen bestimmen, und der andere hat die Wahl.
Gustav Stresemann

Die Menschen [...] müssen wohl die ursprünglich vollkommene Natur ein wenig verdorben haben; sie sind nicht als Wölfe geboren, sondern sind erst zu Wölfen geworden; Gott hat ihnen weder vierundzwanzigpfündige Kanonen noch Bajonette gegeben: sie haben Bajonette und Kanonen erst erfunden, um sich gegenseitig umzubringen.
Voltaire (1, 13), Candid oder Die Beste der Welten

Wir fressen einander nicht, wir schlachten uns bloß.
Georg Christoph Lichtenberg (1, K: 224), Schriften und Briefe

Was mich hauptsächlich beherrscht [...], das ist der Ekel, einer Gesellschaft von Kreaturen anzugehören, die außer den übrigen ihnen von der Natur auferlegten Funktionen des Futtersuchens, der Fortpflanzung etc. auch die mit elementarischer Stumpfheit befolgt, sich von Zeit zu Zeit gegenseitig zu vertilgen.
Theodor Storm (1, 19), Briefe

Der ewige Friede paßt als Aufschrift über Kirchhofspforten; denn nur die Toten schlagen sich nicht mehr.
Gottfried Wilhelm Leibnitz

Unter friedlichen Umständen fällt der kriegerische Mensch über sich selber her - in Ermangelung von anderen Feinden.
Friedrich Nietzsche (10, 3[1]), Nachlass: Fragmente Sommer-Herbst 1882

Die Menschheit ist eigentlich eine ungeheure Gesellschaft fahrlässiger Selbstmörder, denn seit Anbeginn hat noch kein einziger Mensch so lange gelebt, wie er leben sollte und auch hätte leben können.
Karl May (1, -170-), Himmelsgedanken

In Wirklichkeit hat der Mensch überall auf der Erde die Natur eines Lammes. Warum also und auf welche Weise wird er so oft zum Wolf und zum Fuchs? Nun, er kommt weder gut noch böse zur Welt, aber die Erziehung, das gute oder schlechte Beispiel, die Staatsordnung, in die er hineingesetzt wird, kurz, die äußeren Umstände und Gelegenheiten bestimmen ihn zur Tugend oder zum Verbrecher.
Voltaire (2, 126), Philosophisches Wörterbuch

die Natur hat uns nicht schlecht erschaffen; es sind die schlechte Erziehung, das schlechte Beispiel, die schlechte Gesetzgebung, die uns verderben. [...] Man müßte entweder für sich allein leben oder sich ständig von Schlechten umgeben glauben; weder das eine noch das andere behagt mir.
Denis Diderot (1, 135), Brief an Sophie Volland, November 1760

Wenn einer der vier Grundpfeiler der Regierung, die da sind: Religion, Rechtsprechung, Verwaltung und Finanzwesen, stark erschüttert oder gar geschwächt worden ist, dann sollte man wahrlich um gutes Wetter beten. [...] Die sicherste Art, Empörungen zu verhüten - sofern es die Zeitläufe erlauben -, ist die, ihren Anlass aus dem Wege zu räumen. [...] Der Stoff zu Empörung ist von zweierlei Art: große Not und großes Mißvergnügen. Sicher ist, soviel zerrüttete Existenzen, soviel Stimmen für Unruhen.
rancis Bacon (1, 57), Essays

Es kann nicht alles ganz richtig sein in der Welt, weil die Menschen noch mit Betrügereien regiert werden müssen.
Georg Christoph Lichtenberg (2, 40), Aphorismen

Die Menschen würden nicht lange in Gesellschaft leben, wenn sie nicht Betrüger und Betrogene zugleich wären.
Herzog von La Rochefoucauld (1, 18), Reflexionen

Es ist oft ein Glück für die Menschheit, daß die größeren Verbrecher die kleineren in Furcht halten. Wie dabei Vernunft und moralische Weltregierung bestehen, weiß ich freilich noch nicht zu entziffern.
Johann Gottfried Seume (1, 18), Apokryphen

Wir leben im Zeitalter der Überarbeitung und der Unterbildung; das Zeitalter, in dem die Menschen so fleißig sind, daß die vollkommen verdummen.
Oscar Wilde (1, 70), Aphorismen

Wo alle an alles das Geld als Maßstab anlegen, wird kaum jemals eine gerechte und glückliche Politik möglich sein, es sei denn, man will dort von Gerechtigkeit sprechen, wo gerade das Beste immer den Schlechtesten zufällt, oder von Glück, wo alles unter ganz wenige verteilt wird und [...] der Rest aber ein elendes Dasein führt.
Thomas Morus (1, 48), Utopia

Der Staat sollte vorzüglich nur für die Ärmeren sorgen, die Reichen sorgen leider nur zu sehr für sich selbst.
Johann Gottfried Seume (1, 156), Apokryphen

Die Menschen waren in der Politik stets die einfältigen Opfer von Betrug und Selbstbetrug, und sie werden es immer sein, solange sie nicht lernen, hinter allen möglichen moralischen, religiösen, politischen und sozialen Phrasen, Erklärungen und Versprechungen, die Interessen dieser oder jener Klasse zu suchen.
Wladimir Iljitsch Lenin (1, 8), Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus

In einer irrsinnigen Welt vernünftig sein zu wollen, ist wiederum ein Irrsinn für sich.
Voltaire